Beschluss: zur Kenntnis genommen

Sachvortrag:

 

Ausgangslage

Mit dem Krieg in der Ukraine und den extrem steigenden Preisen im Bau- und Energiesektor haben sich die Rahmenbedingungen für die öffentlichen Haushalte deutlich verändert. Die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf den Haushalt zu analysieren, ist dringend notwendig, um den notwendigen Bedarf für korrigierende Maßnahmen zu ermitteln.

 

Finanzielle Situation des Haushalts der Stadt Straubing

 

1) Stand der Rücklage/liquiden Mittel

Bei den Haushaltsplanungen der Stadt werden immer alle vorhandenen Mittel eingesetzt, um die Haushaltsplanung des aktuellen Jahres ohne Netto-Neuverschuldung darstellen zu können. In den Finanzplanungsjahren zum Haushalt 2022 stellt sich der Stand der liquiden Mittel/Rücklagen wie folgt dar:

 

 

2022

2023

2024

2025

Liquide Mittel/Rücklage zum Ende des Haushaltsjahres

 

9,1 Mio.€

 

3,0 Mio.€

 

3,3 Mio.€

 

3,1 Mio.€

 

In der Regel bleiben in der Haushaltsplanung nur so viel liquide Mittel/Rücklagen stehen, wie zweckgebundene Gelder in den liquiden Mitteln vorhanden sind (Waisenhausstiftung, Rieder´sche Stiftung, Wirtschaftsregion Donaustädte, Clearing Straubing-Scheck). Eine Rücklage für „Unvorhergesehenes“ ist somit nicht vorhanden.

 

2) Eingeplante Netto-Neuverschuldung ab 2023

Von der Regierung wird seit Jahren die Aufstellung von Haushalten ohne Netto-Neuverschuldung im allgemeinen Haushalt gefordert. Im Schreiben der Regierung zur Genehmigung des Haushaltes 2021 vom 25.01.2021 heißt es hierzu: „Die Regierung vertritt weiterhin die Auffassung, dass weitere Nettoneuverschuldungen nur aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls oder aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise genehmigt werden können.“

 

In den Finanzplanungsjahren 2023 bis 2025 zum Haushalt 2022 sind jedoch folgende Netto-Neuverschuldungen vorgesehen:

 

 

2022

2023

2024

2025

Eingeplante Netto-Neuverschuldung

 

1,0 Mio.€

 

3,5 Mio.€

 

15,0 Mio.€

 

11,0 Mio.€

Hiervon für Verlagerung der Stadtgärtnerei

 

1,0 Mio.€

 

1,0 Mio.€

 

9,0 Mio.€

 

11,0 Mio.€

Verbleibende Netto-Neuverschuldung im allg. Haushalt

 

0,0 Mio.€

 

2,5 Mio. €

 

6,0 Mio.€

 

0,0 Mio.€

 

Bisher haben positive Jahresabschlüsse die Haushaltsplanung des übernächsten Jahres (meist deutlich) entlastet und damit den Bedarf an einer Nettoneuverschuldung verhindert:

 

Aufstellung der Überschüsse aus den Jahresrechnungen seit 2016 und erwarteter Überschuss aus 2021:

 

2016

2017

2018

2019

2020

2021

(voraussichtlich)

Überschüsse aus der Jahresrechnung

 

8,7 Mio.€

 

4,1 Mio.€

 

0,0 Mio.€

 

17,0 Mio.€

 

6,0 Mio.€

 

2,4 Mio.€

Davon bereits durch überplanmäßige Mittelbereitstellungen gebunden

 

 

 

1,8 Mio.€

 

Aus dem Jahresabschluss 2021 wird sich also kaum eine Entlastung für 2023 ergeben. Auch aus dem Jahresabschluss 2022 ist aufgrund der absehbaren wirtschaftlichen Entwicklung keine Entlastung für das Jahr 2024 zu erwarten.

 

Aus derzeitiger Sicht ist nicht davon auszugehen, dass die Regierung der bisher eingeplanten verbleibenden Netto-Neuverschuldung über 8,5 Mio.€ zustimmen wird.

 

Die Folge daraus ist:

Entweder Verschiebung/Wegfall von bisher eingeplanten Maßnahmen

und/oder

Entnahme von Mitteln aus den Budgetresten Liegenschaften.

 

3) Budgetreste Liegenschaften

Nach der Budgetrechnung verbleiben zum 31.12.2021 im Budget Liegenschaften Restmittel aus Grundstückveräußerungen und Mittelübertragungen von 8,2 Mio.€.

 

Unter Berücksichtigung der bisher schon durchgeführten bzw. bekannten Käufe und Verkäufe steigen im laufenden Haushaltsjahr aktuell die Reste auf einen Betrag von 9,2 Mio.€. Aus noch vorhandenen Grundstücken kann bei einer Veräußerung noch ein Betrag von 1,6 Mio.€ erzielt werden. Für einen bereits abgeschlossenen Grundstückverkauf wird Anfang 2023 noch eine Zahlung von 1,1 Mio.€ erwartet. Allerdings ist auch noch eine Altlastenbeseitigung bei einem Grundstück notwendig. Hier können die Kosten je nach Grad der Kontaminierung des Erdreichs zwischen 0,5 und 1,3 Mio. € liegen.

 

Aus diesen Resten könnten für die Haushaltsaufstellungen 2023 und 2024 Mittel entnommen werden, um eine noch fehlende Deckung zu kompensieren.

 

Die Reste des Liegenschaftsamts sind aber auch die einzige Möglichkeit, nicht eingeplante Mittelanforderungen zu bedienen. Das Risiko, dass bei laufenden Projekten aufgrund von Preissteigerungen Nachfinanzierungen notwendig werden, ist hoch. Können die Nachfinanzierungen nicht mehr bedient werden, können laufende Projekte nicht abgeschlossen werden. Außerdem sollten auch für den Zweck der Grundstückskäufe (Straßengrund, Ausgleichsflächen) noch Mittel vorgehalten werden.

 

Risiken des städtischen Haushalts

 

1) Weitere wirtschaftliche Entwicklung

Angesichts der aktuellen politischen Lage und den damit einhergehenden Lieferengpässen und Energiepreissteigerungen sowie den infolge der Corona-Pandemie immer noch vorhandenen Störungen in den Lieferketten, ist die kurz- bis mittelfristige wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland und Europa eingetrübt. Dies zeigt sich auch an der Konjunkturprognose des Sachverständigenrats vom 30.03.2022 für die Jahre 2022 und 2023, in der für 2022 nur noch ein Wachstum des BIP für Deutschland von 1,8% prognostiziert wird. Bei Aufstellung des Haushalts 2022 wurde noch ein Wirtschaftswachstum von 3,6% unterstellt.

 

Dies hätte auch Auswirkungen auf die größten Einnahmepositionen der Stadt Straubing.

Für das Jahr 2022 sind Gewerbesteuern in Höhe von 38,0 Mio.€ eingeplant. Bei einem günstigen Verlauf des Jahres 2022 kann von einem Erreichen des Ansatzes ausgegangen werden, was allerdings derzeit nicht absehbar ist.

 

Für das Jahr 2023 ist aber sehr wahrscheinlich von geringeren Einnahmen auszugehen. Es zeichnet sich ab, dass ein Teil der als Vorauszahlungen eingebuchten Einnahmen in 2021 im Jahr 2023, nach Durchführung der steuerlichen Veranlagung des Jahres 2021, wieder zurückgezahlt werden muss.

 

Bei der Berechnung des Ansatzes für den Einkommensteueranteil wurde mit einem Zuwachs von 4,5% zum Ergebnis von 2021 gerechnet. Unklar ist, ob der eingeplante Ansatz (26,9 Mio. €) aufgrund der aktuellen Situation erreicht werden kann.

 

Aus der Mai-Steuerschätzung 2022 sind genauere Erkenntnisse zu erwarten.

 

2) Preissteigerungen

Aufgrund der Lieferengpässe und des Ukraine-Krieges zeigen sich Preissteigerungen auf breiter Front.

Bei laufenden Bauprojekten ist mit Preissteigerungen und in Folge dessen mit Nachfinanzierungen zu rechnen.

Auch im Bereich der Energiekosten ist mit Preissteigerungen zu rechnen. Würde sich der Gaspreis verdoppeln und in Folge dessen auch der Preis für die Fernwärme, ergäben sich jährliche Mehrausgaben von ca. 900 T€.

Mittlerweile sind die Reste der Liegenschaften die einzige Möglichkeit, nicht eingeplante Mittelanforderungen zu decken.

 

3) Entwicklung der Zinsen

Die Zinsen im Langfristbereich steigen seit Anfang 2022. Konnte Ende Januar 2022 noch eine Umschuldung mit einer Zinsbindung von 10 Jahren zu einem Zins von 0,46% abgeschlossen werden, so geben die Finanzdienstleister Anfang April für eine 10-jährige Zinsbindung einen Zinssatz von ca. 1,4% an.

 

In den Jahren 2022 bis 2024 laufen Darlehen mit einem aktuellen Darlehensstand von 16,5 Mio.€ aus der Zinsbindung. Für diese Darlehen beträgt der Durchschnittszinssatz rd. 2,1 %.

Die variablen Darlehen betragen zum 31.03.2022 rd. 10,1 Mio.€ (mit der noch ausstehenden Auszahlung der Kreditermächtigung 2019).

Aus den Jahren 2020, 2021 und 2022 stehen noch Kreditermächtigungen von 33,1 Mio.€ zur Verfügung.

 

Würde sich der kurzfristige Zinssatz auf 2,0% erhöhen, ergäben sich zusätzliche Belastungen von ca. 0,8 Mio.€ für den Haushalt.

 

4) Erhöhung Nachschuss an die Straubinger Ausstellungs- und Veranstaltungs GmbH

In der mittelfristigen Finanzplanung zum Wirtschaftsplan 2022 der Straubinger Ausstellungs- und Veranstaltungs GmbH wird ab dem Jahr 2024 mit einem jährlichen Nachschuss der Stadt von bis zu 2,0 Mio.€ gerechnet. Aktuell liegt der jährliche Nachschuss bei 844 T€. Die Steigerung um jährlich bis zu 1,2 Mio.€ ist im Haushalt der Stadt bisher noch nicht berücksichtigt.

 

Fazit

 

Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung mit steigenden Bau- und Energiepreisen sowie sehr wahrscheinlichen Rückgängen bei den Steuereinnahmen sollte der Haushalt 2022 auf Einsparpotentiale, insbesondere bei den investiven Maßnahmen, untersucht werden. Entsprechende Veränderungen sind in einem Nachtragshaushalt abzubilden.

 


Beschluss:

 

Der Stadtrat nimmt vom Sachvortrag Kenntnis und beauftragt die Verwaltung, Einsparpotentiale zu ermitteln und einen Nachtragshaushalt auszuarbeiten.


Abstimmungsergebnis:

- einstimmig -

Verteiler:

3, 30